10. Januar - Viel zu erzählen...


Der gestrige Abend brachte uns noch einen Sack voll Maori-Geschichten. Die Tante der Besitzerin dieses Hostels war zu Besuch und erzählte uns ein paar Geschichten über ihr Volk.


Es begann damit, dass Ihre Tochter die australischen Zöllner in Verwunderung versetzte.

Eine weitere Tochter habe nämlich in Australien ein Kind zur Welt gebracht. Deren Schwester hatte jetzt den Auftrag, die Plazenta des Kindes nach Neuseeland zu bringen, damit die Plazenta im Garten unserer Erzählerin nach altem Brauch vergraben werden kann.

"Aha!", denkt sich da der Mitteleuropäer und fragt sich, ob er nicht gerade kapital auf den Arm genommen wurde. Aber das scheint hier ein Brauch mit den Auslandskindern zu sein


Sie erzählte uns, die Plazenta ernähre und schütze das Kind. Damit das Kind weiß, wo seine wirkliche Heimat ist, wird die Plazenta nach Hause, nach Neuseeland, gebracht und dort in einer schönen Ecke im Garten in der Nähe eines (Kirsch-) Baumes vergraben. Dort ernährt die Plazenta jetzt den Baum und der Baum gibt Schutz usw. Mittlerweile hat sie schon sieben Plazenten in ihrem Garten vergraben.

Dann erzählte sie, dass ja alle Maori hochchristlich seien. Zu ihrem Glauben ist man damals durch die Missionare gekommen. Nach Einnahme durch die Kolonialisten wurde man dann dem entsprechenden Glauben zusortiert.


Da die Kolonialisten sowohl aus katholischen, als auch aus anglikanischen Angehörigen bestanden, vereinbarten die untereinander, dass die Maori, die auf der einen Straßenseite wohnen, Anglikaner - und die der anderen Seite ab sofort Katholiken seien. So kommt es, dass in einer Familie die unterschiedlichen Glaubensrichtungen durch Straßenseitenzugehörigkeit entstanden sind.

Die spinnen die Briten!

Nach der Unterzeichnung des Vertrages der Maori-Häuptlinge mit der britischen Regierung wurden die Maori erstmal kräftig um ihr Land gebracht und weiße Siedler besetzten das Gebiet.

Dann ging das wieder eine Runde hin und her, was zur Folge hatte, dass das komplette Land neu aufgeteilt wurde. Jetzt stritten sich die Maori nicht nur mit den weißen Eindringlingen herum, sondern auch noch untereinander. Die klassischen Grenzen waren ja auf einmal weg und das angestammte Gebiet gehörte auf einmal einem anderen (in der Familie, im Clan, Stamm etc.).


Sie erzählte uns, dass sie wohl den einzigen Hund der Welt besitze, der morgens und abends ein heißes Bad nehme. Sie werfe nämlich morgens und abends den Spielball des Hundes in das warme Wasser der Quellen und der Hund springe hinterher. So kommt er morgens wie abends zu seinem Bad und riecht immer gut. ;o)

Lachend erzählte sie noch, dass es eine lustige Sache wäre, wenn man von heute auf morgen sagen würde: Maori links aufstellen, Briten oder Europäer rechts. Sie sagte die Mehrheit der Maori würde ständig von links nach rechts hüpfen, weil sich das Blut schon so gemischt habe.

So kommt es, dass manchmal ein weißes Kind mit rotblonden Haaren von zwei dunkelhäutigen Maori geboren würde und man sich dann immer sehr wundere. Es "mendelt" hier also kräftig und man kann hier die Experimente des Biounterrichts am lebenden Objekt nachvollziehen.


Achja, nebenbei noch was zur Aussprache: Das "O" bei Maori wird nicht richtig mitgesprochen. Es heißt also Mauri.

Diese Mauri sind nicht ein Stamm, sondern nur der Überbegriff für die Menschen, die mit dem Riesenkatamaran hier herübergekommen sind. Die Stämme entwickelten sich in den unterschiedlichen Regionen mit ihren unterschiedlichen Clanchefs. Und genau wie überall, gab es da früher untereinander auch immer kräftig was auf den Federschmuck.


Heute ging es erstmal zur anglikanischen Holz-Kirche, die uns die Dame gestern empfohlen hatte. Die Bilder dazu, habt ihr eben schon gesehen.

Danach irrten wir ein wenig umher. Und da wir hier auf der Südhalbkugel sind, sind die Schwäne auch nicht weiß, sondern schwarz.


...Nein...keine Möwe...EIN SCHWAN!!!!


Danach ging es dann ins Rotorua-Museum, das sich im alten Badehaus befindet.


Leider darf man weder in der Kirche noch im Museum fotografieren.

Es ist aber ein sehr interessantes Museum, in das man mit einem animierten Film eingeführt wird. Die Animation besteht darin, dass das Gestühl ganz fürchterlich hin und her wackelt und ein Vulkanausbruch simuliert, von dem im Film gerade berichtet wird.


Hier in Rotorua gab es nämlich Sinterterassen, ähnlich wie in Pamukkale in der Türkei. Durch den Vulkanausbruch vor (ich glaube) ungefähr 140 Jahren, sind die aber zerstört worden, ebenso wie die ganze Umgebung in Schutt und Asche gelegt wurde.

Es wird hier das Badehaus mit seinen interessanten und schönen Installationen vorgestellt. Dann gibt es noch eine Ausstellung über Maori-Familien und die legendären Maori-Bataillone, die im ersten und zweiten Weltkrieg, gegen das "Enemy", also uns, gekämpft haben.

In diesen Ausstellungen kommt einem wieder dieser Hurra-Patriotismus entgegen.

Mittlerweile habe ich ja das Gefühl, die Briten und deren Exkolonien sind bei jedem Krieg dabei, weil in den Museen und auch ansonsten immer nur berichtet wird, was das für eine tolle Sache ist für den König und das Vaterland zu kämpfen.

Was das für den Einzelnen oder die Familien tatsächlich bedeutet, haben wir in noch keinem Museum dargestellt gesehen. Es werden immer nur Orden ausgestellt, Tote aufgezählt oder Heldengeschichten erzählt.

Ebenso wurde im Museum natürlich wieder der Teil mit der Kolonisation ausgespart.


"Britannia rules the world" und das muss dann auch reichen an Information.

Das ist auf die Dauer recht nervig und die Dame von gestern Abend sagte, dass es den Maori nur nicht so gegangen ist, wie den Aborigines in Australien, weil sie ununterbrochen für ihre Rechte mit allen Mitteln gekämpft haben.

Trotzdem ist das alles ganz schön spannend und je häufiger man mit Eingeborenenvölkern (oder das, was noch davon übrig ist) zu tun bekommt, erkennt man erst, wie lange Europa schon auf Kosten anderer gelebt hat.


Ohne jetzt einen "Moralischen" zu kriegen, kann man hier wirklich ins Grübeln kommen, wenn man sich allein die Landschaft mit seinen Weiden anschaut. Bis vor 150 Jahren waren das alles Urwälder mit Kauri-Riesen und jetzt fährt man hier an Kilometern von hügeligem Weideland vorbei.

...und dann hab ich noch einen. Direkt vor dem Museum befindet sich der Bowling Club


Den ganzen (kühlen) Morgen ist da keiner am Spielen. Aber als die Sonne mittags so richtig knallt, da kommen unsere britischen Ledernacken heraus.

Was lernen wir draus?

...nicht alles, was auf der Welt geschieht, muss man verstehen!

Betrachten wir lieber noch den schönen See...


...und nach der Kirche: Helm auf nach dem Gebet!