05. Mai - Mal so allgemein gesprochen...


Heute ist (hoffentlich) langes Segeln angesagt. So dass wir uns den Tag einteilen. Es ist jetzt kurz nach elf. Bis halb eins habe ich frei und Claudia sitzt mit Gustav (Pinnenpilot) im Cockpit. Danach hat Claudia bis halb drei frei und ich sitz mit Gustav im Cockpit usw.

Wir fahren heute seit acht Uhr von Kolobrzeg nach Darlowo. Das sind direkte Line bummelig 30 sm. Da Darlowo aber im Nordosten liegt und ihr dreimal raten dürft, woher der Wind weht, wird das alles ein wenig länger, da wir gegenan kreuzen müssen.

Bei dem für Skrollan tollen Segelwind und dem weiterhin großartigem Wetter ist das aber eine schöne Sache. Es weht mit guten 3 Bft. aus Nordost und da ist die Welle gegenan noch richtig zum in den Schlaf schunkeln.

Ich nutze die Gelegenheit, um mal zu erzählen, was wir denken, was man bei so einer Reise nicht vergessen darf.

Neben den üblichen Sicherheitseinrichtungen und aktuellen Navigationsmitteln (z.B. Karten) ist eine Selbststeueranlage eine der wichtigsten Sachen. Da wir nur zu zweit sind, wäre eine Person sonst immer gebunden und das ist auf Dauer wirklich sehr anstrengend.

Neben dem Wetter angemessener Kleidung ist für mich die Sonnenbrille das wichtigste Kleidungsstück geworden. Bei dem intensiven Licht und den Spiegelungen ist das Auge sonst sehr schnell ermüdet. Wir haben uns vor der Reise noch Sonnenbrillen mit Polarisationsfilter machen lassen, die die Spiegelungen reduzieren und das ist wirklich eine Wohltat.

Ab Mittag muss ich mit meiner hohen Stirn eine Mütze aufhaben, weil mir sonst der Bregen matschig wird. Dass man auf einen vernünftigen Haut-Sonnenschutz achtet, versteht sich von selbst.

Dann haben uns Silke und Knut (beides sehr erfahrene Segler) zu unserem Abschied ein kleines Paket geschnürt und geschenkt. Darunter befindet sich ein faustgroßes Mini-Ringbuch und ein Set mit Druckbleistift und Kugelschreiber. So albern sich das anhört. Das sind die am meisten gebrauchten Utensilien hier an Bord. Dort schreiben wir den Wetterbericht mit, Positionen, Kurse, Meldungen. Die A4 Zettel nerven nur bei unserem beschränkten Platz auf dem Kartentisch. Auf diesem Wege: Liebe Silke, lieber Knut – vielen Dank für diese nützlichen Geschenke.

Dann hat uns Klaus ein Sprühfett mitgegeben, das nach wenigen Minuten an der Luft beginnt auszuhärten. Dieses RIVOLTA 3000 ist unsere Allzweckwaffe, bei allem, was quietscht, schubbert, knattert und dröhnt. Insbesondere die elektrischen Lüfter sind jetzt endlich still.

Dann haben wir, obwohl wir uns wirklich zurückgehalten hatten, zuviel Lebensmittel eingekauft. Insbesondere hier in Polen gibt es qualitativ hochwertige frische Lebensmittel, dass man sich die Schlepperei vorher wirklich sparen kann.

Wo wir gerade beim Essen sind:

Zwei richtig scharfe große Messer und mindestens eine wirklich gute Teflonpfanne. Nichts ist ärgerlicher, als das Zerrupfen von Fleisch, Fisch oder Gemüse mit schlechten Messern und dann klebt das Zeug auch noch in der Pfanne an.

Dann noch eine Sache und dann ist mit dem Essen auch gut:

Wenn Ihr Nudeln mitnehmt, dann richtig, richtig leckere. Man versaut sich den Tag, wenn man sich bei der Nudelsoße mühe gibt und dann schmecken die Nudeln wie Schlangenfraß.

Unser Favorit: De Cecco – Gibt’s bei der Metro, bei Rewe und bei Karstadt. Wir haben 5 kg mit und es ist nicht mehr viel da. Die Spaghetti sind so lecker, dass wir die auch kalt nur mit ein wenig Salz und Öl essen. Barilla und die anderen stark beworbenen Sorten kann dagegen man vergessen.

Dass man grundsätzlich zu viele Klamotten mitnimmt, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Nun wird der eine sagen: Ich kann den Wolenski mit der ehemals weißen Cargohose nicht mehr sehen.

Tja, da muss er sich etwas einfallen lassen, weil ich mir vorstellen könnte, dass diese Hose bis zu meiner Rückkehr am Körper festgewachsen sein wird. Sie ist schnell zu waschen und mit den vielen Taschen einfach praktisch.

So gut ein Baseballcap auch aussieht, es hält den Kopf nicht warm. Deshalb eine gemütliche Wollmütze, die nicht kratzt, mitnehmen. Claudia hat ihre blaue Zipfelmütze, die mich manchmal richtig nervt, weil sie mit den Ohrlappen nichts hört, richtig lieb gewonnen.

Wenn sie mich dann nach dem dritten Mal Anbrüllen endlich gehört hat, sagt sie immer scheinheilig: "Du musst mich nicht so anschreien?!!!" und grinst.

Apropos nicht hören: Ohrstöpsel sind ebenfalls sehr empfehlenswert. Wenn es im Hafen abends mal lauter ist oder man sich einfach mal ein wenig entspannen möchte.



..."Entspannen" ist das Stichwort. Nachdem ich Claudia abgelöst hatte, briste es richtig schön auf. Aus den 3 Bft. wurden ab 14.00 Uhr gute 5. Und wir wieder mittendrin.

Noch mal der Hinweis: Wenn einem das erste Mal der Gedanke kommt: "Jetzt wäre eigentlich Zeit das Groß(segel) einzureffen?!" – dann sollte man den Gedanken auch umsetzen. Wir haben heute nur 10 Minuten länger gewartet. Dafür dann aber gleich ins Reff zwei und das war gut so.

Trotz Reff, kleiner Fock und immer hart am Wind, ging Skrollan immer zwischen fünf und fünfeinhalb Knoten.

Wie ich schon mehrfach erwähnt habe, ist der Wind nicht das Problem, sondern die Welle.

Die machen einen echt fertig. An Erleichterung auf dem Schacht war nicht mehr zu denken. Bei den Bocksprüngen, die Skrollan vollführte, hätte man sich nicht unfallfrei halten können.
Es bilden sich teilweise Wellengruppen von zwei oder drei Wellen, die höher sind als die durchschnittlichen Wellen. Die erste fährst Du noch gut hoch. In die zweite stößt Du nach der Abfahrt schon leicht hinein und die Dritte verpasst Dir einen richtigen Schwinger.

Teilweise stürzten wir von einer Welle hinunter und wurden von der nächsten Welle getroffen, die sich direkt vor uns brach und dann einmal von vorn bis zum Cockpit über Skrollan hinweg lief.

Irgendwann haben wir begonnen, den besonders unangenehmen Wellen Namen zu geben. Aber nach wenigen Minuten haben wir das eingestellt, weil wir dann doch zu sabbelig gewesen wären.

Aus den direkten 30 Seemeilen wurden dann 50 und um acht Uhr passierten wir die Brücke in Darlowo.

Und hier war absolute Ruhe. Bestes Wetter und die Urlaubsgäste genossen den Sonnenuntergang.

Obwohl es eine wunderschöne Abendstimmung war, konnte ich mich nicht mehr zum Fotografieren aufraffen.

Glücklich, zufrieden und erledigt fielen wir dann in unsere Kojen, nachdem wir den Abend mit Michael aus Münster mit einem richtig schönen Klönschnack verbracht haben. Aber davon Morgen mehr...