15. August – Wir wissen nicht, was besser ist


Es ist, wie man am Datum sieht, Mitte August. Der Trubel auf dem Göta-Kanal ist seit ein paar Tagen, wie weggeblasen. Die schwedischen Ferien scheinen zu Ende zu sein und so ziehen hier fast nur noch ausländische Boote ihres Weges.

Michael auf seiner "Dine" scheint in den Schären das Gleiche beobachtet zu haben. Die Saison geht zu Ende.

So recht wissen wir nicht, wie wir das finden sollen. So trubelig und manchmal auch laut die Häfen in den Ferien waren, so interessant war es auch den Schweden zuzuschauen.

Wir haben uns besonders hier im Götakanal sauwohl gefühlt. Die vielen Kinder und die entspannte Einstellung ihnen gegenüber waren ein schöner Anblick.

Es gibt hier sogar Kinderspielecken in der Kirche. Und die Schreiereien aus deutschen Einkaufszentren, wenn Celina-Maria ihren Lutscher nicht bekommt, haben wir hier so nicht gesehen. Dabei fällt uns ein: Kinder mit Gameboys haben wir hier auch nicht gesehen (dafür jede Menge Mobiltelefone).

Jetzt haben wir wieder ein Auge für unsere Landsleute und andere Landsmänner.

Gestern kam uns in der Schleuse ein erregter Belgier entgegen und fragte uns, wo denn der Schleusenmeister bliebe. Genauso treffen wir hier jeden Tag ein älteres Ehepaar, das uns bis gestern ein Gespräch aufzwingen wollte. Die haben alle die Erwartungshaltung, dass bestimmte Sachen so funktionieren, wie zu Hause. Tun sie aber nicht!

Hier ist alles ruhiger. Es gibt hier z.B. niemanden, der sich in der Kassenschlange aufregt, dass es lange dauert. Irgendwann wird es schon weitergehen.

Naja, das mit dem Gespräch aufzwingen ist seit gestern vorbei.

Nachdem mich der Herr den dritten Tag fragte, wie denn das Wetter werden sollte (vorgestern hat er noch darüber philosophiert, dass im Skagerak SW und in der Zentralen Ostsee irgendwas anderes sei und dann müssten wir hier ja West haben), sagte ich ihm, dass ich das nicht wüsste und fragte was er denn mit der Information anfangen wollte?

Seine Frau sagte dann: "Jaja, das sag ich ja auch immer. Mein Mann ist immer so unruhig und getrieben....".

Im Scherze fügte ich hinzu: Wir sind noch drei Tage auf dem Kanal und da ist beim Fahren die größte Gefahr nicht einzuschlafen und die Böschung herauf und sich ne Macke ins Boot zu fahren.

Worauf die Frau sagte: Jaja, die Macke hat er eben hier beim Anlegen schon reingefahren...

Ihr könnt Euch vorstellen, dass das Gesicht des Herrn augenblicklich versteinerte.

Und dann begann die familieninterne Diskussion, aus der wir uns mit dem Kommentar: "Das macht Ihr man besser unter Euch aus..." verabschiedeten.

Am Abend kamen sie mit einem dänischen Boot zusammen in den nächsten Hafen herein und kauten denen den ganzen Abend ein Ohr ab.

Wir waren abgemeldet. Das ist auch gut so.

Versteht mich nicht falsch. Die beiden sind bestimmt lieb, nett und hilfsbereit. Aber trotz ihrer gemeinsamen Reise seit Mai immer noch so flatterig um sich selbst und getrieben von irgendwas, dass einem das auf die Nerven geht.

Nach drei Monaten Urlaub sollte man nach dem ersten "Guten Tag" doch etwas anderes zu erzählen haben, als die Geschichte seiner Frühverrentung, oder?

Gestern war bis 01.00 Uhr noch große Wäsche zu erledigen. Das ist auch wirklich toll hier. Die Waschmaschinen und Trockner sind kostenlos zu benutzen. Das ist ein großer Luxus für uns.

Und dann waren da noch die wunderbaren Dialoge mit meiner Ehefrau:

Folgende Szene:

Ich sitze in der Messe am Laptop und sie (GG- wie Göttergattin) will an mir vorbei ins Vorschiff.

GG: "So, nun lass mich mal da durch!"

Ich: *reagiere den Bruchteil einer Sekunde zu spät*

GG: "Eigentlich könntest Du auch an Land in die Toilette gehen, dann hast Du mal Dein Zimmer für Dich und kannst auch in Ruhe sitzen!"

Ich: *kuck verstört*

GG: "Na, mach schon!"

...ein wenig bedrohlich finde ich dieses Verhalten schon ;o)

Wegen Reparaturarbeiten an irgendwelchen Brücken konnten wir erst um viertel vor zwei Richtung Sjötorp weiterfahren.

Das wusste auch der Regen und so begleitete uns den ganzen Nachmittag ein wunderbar warmer Landregen auf unserer letzten Etappe durch den Götakanal.

In den Schleusen alberten wir mit einer wunderbaren Berliner Familie herum, die zu viert (drei Erwachsene, ein Hund) auf einer Utter 495 unterwegs sind. Dieses kleine Motorboot ist ca. 5 m lang und es ist uns ein Rätsel, wie die vier permanent so gut gelaunt sein können.

Auf der einen Nachtaufnahme nachher, seht Ihr das kleine weiße Motorboot hinter uns liegen... ihr werdet erstaunt sein.

Das zeigt uns wieder, dass man keine Suite, Aircon oder Gäste WC braucht, um einen schönen, harmonischen Urlaub zu verleben.

Am Abend klarte es ein wenig auf und ich ging noch mal spazieren. Heute ist der 15. August... in einem Monat müssen wir in Kiel sein.

Als ich an unserer letzten Schleuse vorbeiging, wurde ich da schon ein wenig wehmütig.

Nachts wird es jetzt richtig dunkel, vereinzelt fällt schon Laub von den Bäumen, morgens ist Tau auf dem Schiff und man sieht kaum noch fahrende schwedische Yachten. Der Urlaub geht zu Ende.

Das ist ein komisches Gefühl. Wir haben noch fast fünf Wochen bis wir in Deutschland sein müssen. Ein Zeitraum, den der normale Berufstätige selten am Stück im Urlaub verbringt und trotzdem: Die schöne Zeit ist bald vorbei.

Dies veranlasste mich meinen Spaziergang abrupt abzubrechen und bei dem schönen Licht zu Skrollan zu wetzen, um das Stativ und die Kamera zu holen.

Die haben wir uns für den morgigen Abschied vom Göta-Kanal aufgehoben:

unsere letzte Schleuse


...und Variationen


Während die anderen schon Schlafen
in der Nacht
Über den Hafen
allein die Skrollan wacht


Gute Nacht, John-Boy!