13. August – Königsstuhl


Das ist er!


Ich hatte heute wieder das bessere Ende der Wurst.

Ich durfte nämlich heute als erster vorne sitzen. Und so genoss ich von diesem bequemen Platz aus die wohl schönste Passage im Götakanal.

Gleich hinter Forsvik, wird der Kanal ganz schmal und führt durch eine Landschaft, die man als eine Mischung aus Schwarzwald und Lüneburger Heide bezeichnen könnte.

Für die Leute, die sich in Hamburg ein wenig auskennen:

Stellt Euch den Weg vom Waldfrieden in Neugraben zum Karlsstein oder zum Wildpark Schwarze Berge vor. Das Ganze mit ein paar Felsen am Wegesrand und den Weg halt als Kanal.

Für alle anderen: der Kanal führte durch einen relativ alten dichten Nadelwald. Der Waldboden war moosbedeckt durchzogen mit kleinen Heideflächen oder Gras. Schmetterlinge nahmen ein Sonnenbad auf Felsen oder flatterten über die blühende Heide.

Es war einfach wunderschön.

Nehmt es mir nicht übel, dass ich nicht die Kamera geholt habe. Aber zum einen kann man so ein Gesamtkunstwerk im Vorbeifahren ganz schwer fotografisch festhalten. Zum anderen wollte ich das auch ganz genießen können.

Wir haben ernsthaft mit dem Gedanken gespielt noch einmal zurückzufahren, um diese Passage erneut zu erleben, haben es dann aber gelassen.

Unser weiterer Weg führte uns über den Viken (ein See). Höher als diese 91m über NN wird Skrollan in ihrem Leben wohl nicht kommen. Es sei denn, Claudia will demnächst auf einem Gebirgssee segeln. Sie hat ja manchmal so krause Ideen ;o)

Auf unserem Weg nach Töreboda wurden wir nach dem Viken die ersten 20 cm herab Richtung Ostsee geschleust (oder wie der "kleine Rolf" sagen würde: gen England ;o)

Ich habe für Euch noch ein paar hässliche Fotos dieser unwirtlichen Gegend geschossen. Nur um Euch abzuschrecken.

Manchmal lohnt sich auch ein Blick nach hinten


Vorn ist es aber auch ganz schön


Die Schweden machen ernst mit der Vogelgrippe


Aber schnell geht es weiter mit so ekligen Ansichten


Und hier wird auch nicht so getan, als würde man gar nicht baden wollen (siehe Schild)


Die Schweden haben aber auch gar keinen Geschmack. Die verschandeln diese Landschaft mit ihren Häusern ganz fürchterlich


Und dann immer diese frischen Blumenkübel


...und dann war es mal wieder Zeit für einen Zwischenbericht:

Zwischenbericht:

Es ist wieder Zeit für einen Zwischenbericht. ;o)

Wie wir festgestellt haben, entwickeln sich Ansichten - und diese Entwicklung festzuhalten, ist bei der Nachbetrachtung bestimmt interessant.

Also: Was haben wir so gelernt und erfahren?

Dabei kommen keine brandneuen Erkenntnisse heraus, sondern, dass was wir alle schon immer gewusst haben, wird wohl nur bestätigt.

Verarbeiten von Eindrücken:

Nach mehr als vier Monaten täglich neuer Erlebnisse, Gegenden und Begegnungen mit fremden Menschen, stellen wir fest, dass wir nur eine begrenzte Möglichkeit zur Aufnahme und Verarbeitung von Erlebnissen haben.

Wir fahren an vielen "Sehenswürdigkeiten" vorbei, weil wir ein wenig übersättigt sind und die Begeisterungsfähigkeit für diese "Sehenswürdigkeit" nicht aufkommen möchte.

Wenn wir am Ende des Tages in einem Ort angekommen sind, haben wir auf dem Weg schon so viele neue und schöne Eindrücke gesammelt, dass wir uns nicht aufraffen können, in Ausstellungen zu gehen und dort "geführt" weiter zu beobachten. Das heben wir uns für später auf.

Dieser Überblick über die Ostsee, den wir uns jetzt verschafft haben, wird die Grundlage für einzelne lange Urlaube in bestimmten Gegenden sein. So werden wir Polen, die finnischen Schären, das St.Annas Archipelago, Stockholm und den Götakanal jeweils gesondert bereisen.

So eigenartig sich das anhört, aber wir hatten nicht die Zeit, uns so intensiv mit den Gegenden zu beschäftigen, wie sie es verdient hätten.

Umgang mit Menschen:

Wir haben festgestellt, dass wir am besten von (anderen) Menschen lernen.

Entweder, weil sie als schlechtes Beispiel herhalten müssen oder weil sie einem im Gespräch Perspektiven öffnen und Wege zeigen (manchmal unbewusst), die wir allein nie entdeckt hätten.

Deshalb stellen wir fest, dass wir nie aufhören dürfen erstmal zuzuhören(!!!!!) und nachzufragen!!!

Immer wenn wir die anderen haben erstmal erzählen lassen, bekamen wir die Möglichkeit unsere Gesprächspartner besser einzuschätzen und auch festzustellen, ob die nur die Trommel schlagen.

Dabei ist zu beobachten, dass besonders bei unseren älteren Landsleuten (über andere Nationen kann ich wenig berichten) die: "Ich erzähl Euch mal, wo’s langgeht" – Einstellung zu finden ist.

Das ist ja manchmal recht informativ. Problematisch wird das dann nur, wenn man nach so einem Gespräch den Eindruck hat, die wollten uns mal so richtig Dinge erzählen, die sonst keiner hören will.

So haben wir uns z.B. Litaneien über den hinterwäldlerischen Osten angehört, die noch aus Zeiten Breschnews oder nur aus vierter oder fünfter Hand stammten.

Wenn man dann ganz zart einwirft, dass wir vor ein paar Wochen gerade da waren und wir einen anderen Eindruck gewonnen hätten, wird da einfach drüber hinweg gegangen und weiter erzählt.

Deswegen steht bei uns ganz oben auf der Liste der goldenen Regeln: Verliere nie (wie alt Du auch wirst) das Interesse an Deinem Gegenüber und lerne zuzuhören und nachzufragen!

Der gewöhnliche Deutsche an sich...

...ist ein wirklich feiner Kerl. Natürlich gibt es Ausschläge in jede Richtung. Aber die Deutschen, die uns begegnet sind, haben sich alle vorbildlich verhalten.

Wenn einem jemand beim Anlegen hilft, kann man davon ausgehen, dass es ein Deutscher (oder Pole) ist. Wenn man freundlich gegrüßt wird, ist die Chance ebenfalls sehr groß, dass es sich um einen Deutschen (oder Polen) handelt.

Natürlich sind die Balten und Skandinavier auch nett. Keine Frage. Aber so freundlich, hilfsbereit, "open-minded", sabbelig und WM-mäßig kommen nur die Deutschen rüber.

Von einem Finnen lass ich mir bestimmt nicht sagen, dass wir Deutschen immer so ernst seien... ;o)

So, wie Tony das sagte: Es wird auch langsam Zeit, dass die Deutschen stolz auf sich und ihre Art sind.



So, das langt dann auch erstmal. Das nächste Zwischenfazit gibt es (vielleicht morgen) über die Bedürfnisse auf so einem Boot und die Anforderungen an ein Boot für eine so lange Reise.