29. April - Wo bitte geht’s zum Fahrkartenautomat?


Die Marina Goclaw ist direkt an der Endhaltestelle der Straßenbahnlinie 6 gelegen. Uns ist es aber nicht gelungen eine Fahrkarte zu ergattern. In der Straßenbahn konnte man auch kein Ticket lösen. Nun denn – Geld sparen –Schwarz fahren! ...so teilte uns zumindest eine ältere Dame durch eindeutige Handbewegungen mit.

Wir sollten mit der Bahn bis hinter die zweite Oderbrücke fahren und dort aussteigen. Hier Straßenbahn zu fahren ist echt klasse. Das hat son büschen was von "Wilde Maus"-Fahren auf dem Dom. Das rüttelt und schüttelt, mal nach links, mal nach rechts und ...breeeeemsen.

Bringt wirklich Spaß und ist schnell.

Nun ist Goclaw und die darauf folgenden Stadtteile nicht gerade das Vorzeigestettin. Es ist eine Hafengegend. Aber interessant anzuschauen. An den Straßen stehen teilweise wunderschöne Mehrfamilienhäuser aus der Zeit der Jahrhundertwende. Die sind leider noch nicht restauriert.

In Stettin gibt es soviel zu sehen! Damit wir mit unnötigem Wissen über diese Stadt nicht erst belastet werden, haben wir unseren Reiseführer Polen auch zu Hause vergessen. Das ist uns heute aufgefallen.

Trotzdem haben wir uns in die Stadt gestürzt. Begonnen haben wir beim Schloss und der Oper. Dort ist auch eine Touristinformation.

Ich bin mir mittlerweile sicher, dass die Besetzung solcher Posten mit Männern eine Fehlentscheidung ist.

Prinz Valium sprach mit uns nur das Nötigste:

"Excuse me, are there any internet cafés in Szcezin?" - .....Yes....

"And where?" - Ulizka dopropomolfska

....ahhh, ja! "...can u tell us the way?" - ...keine Antwort...

Ich nehme einen Stadtplan und halt ihm den hin. Er macht zwei Punkte drauf..... "There they are!" "…and where are we now?", traue ich mich zu fragen...

Er rollt mit den Augen und macht einen dritten Punkt in die Karte.

Es versteht sich von selbst, dass die ulizka doprodings, das entferntere von den beiden angezeigten Cafés war, oder?

Ganz anders die Damen in dieser Stadt. Aber da komme ich noch intensiver drauf zu sprechen.

Stettin ist ein Männerparadies. Das ist kein Scherz. Jede Frau jeder Altersklasse und jeder sozialen Stellung strengt sich sichtlich an, ihre Vorzüge und Qualitäten zu präsentieren.

Hier gibt es (juristisch gesehen) grundsätzlich keine Frauen, die mit Jakoform-Schuhen oder gar Berkemanns-Gesundheitslatschen durch die Tempel flitzen.

Auf dem Asphalt klackern die Absätze – Jeder weiß: Jetzt kommt eine Frau! ...und toll sehen die aus. Für jeden was dabei.

Ganz anders die Herren der Schöpfung. Claudia erklärt mal, wie der gewöhnliche Stettiner Mann sich hier zeigt:

"Einheitsfrisur, und sehen leicht brutal aus. Son bisschen, als würden sie gern Kampfsport machen wollen."

Um Claudias Worte ein wenig plastischer darzustellen. Einheitsfrisur heißt: Einmal auf 3 mm mit dem Mähbalken über die Rübe. Dazu entweder Camouflage-Hose oder Hemd. Gern werden auch Lonsdale-Kapuzenpullis genommen. Das ist die eine Fraktion.

Die andere Fraktion Herren ist die Abteilung "Grau-in-Grau".

Ich sah hingegen mit meinen hellen Klamotten aus, wie Sascha Hehn aus der Schwarzwaldklinik. Mir fehlte nur noch das Stethoskop um den Hals.... und gern hätte ich auch die eine oder andere Brust abgehorcht....wurden ja genug präsentiert ;o)

Also zurück zu den Damen. Als wir so vor uns hinrätselten, wo wir uns gern zur Nahrungsaufnahme niederlassen wollten, kam eine, wie sollte es auch anders sein, gut aussehende junge Frau auf uns zu und fragte uns in perfektem Englisch, was wir suchen und ob sie uns helfen könne. Sie erklärte uns dann den Weg an einen netten Trog und dort speisten wir auch gut.

Ich erklär Euch jetzt nicht, wo das war, weil wir uns schon massiv verlaufen hatten. Ich weiß gar nicht mehr, ob wir überhaupt noch in Stettin waren.

Glücklich saßen wir vor, jetzt kommt die nächste Entdeckung, unserem leckeren Pils der Marke "Bosman" und ich sondierte mit meiner Sonnebrille das Gelände.

Für mich ist Stettin das Paradies. Die Damen lächeln mich hier ununterbrochen an und alle sehen so gut aus.

Claudia meint, wir müssten Morgen unbedingt weiterfahren. Ich bin mir da noch nicht so sicher. ;o)

Auch wenn es schwer fällt, lenke ich meine Gedanken der Stadt zu. Das Pariser-Viertel ist ein wenig wie Winterhude, nur dass die Häuser hier viel, viel schöner sind. Leider sind sie noch nicht alle restauriert. Ich könnte den ganzen Tag nur durch die Straßen laufen und mir die schönen Häuser ankucken... und deren Bewohnerinnen. ;o)

Dann waren wir durch die vielen geöffneten Geschäfte sehr überrascht. Lidl, Netto, Rossmann, und das riesige Einkaufszentrum. Alles hat geöffnet. Heute ist schließlich Sonntag und wir sind doch in dem Land, das den letzten Stellvertreter vom lieben Gott gestellt hat. Das hat mich schon ein wenig gewundert.

Alles in allem ist Stettin allein schon eine Reise wert. Mal sehen, wo wir morgen sind.

"Dschien – Kujen" heißt übrigens "Danke"