Als Norbert zur Welt kam, wusste Mutter Hannelore schon, dass Norbert anders war, als seine Brüder. Während Hermann, Henning, Henry und
Harald als Babyfischchen schon ganz gebannt das Glitzern der Sonnenstrahlen in den Wellen über ihnen betrachteten, verkrümelte Norbert sich ganz nach unten
in den Schlick, und murmelte was, von "mach mal einer das Licht aus..."
Als die Heringskinder heranwuchsen, spielten alle am liebsten mit Mamas alten Fischschuppen, die sie um sich verstreute. Alle - außer Norbert.
Norbert war das alles zu glitzerig. Mama Hannelore machte sich langsam sorgen, denn Norbert war so anders als ihre anderen Kinder. Vielleicht war Norbert krank?
Deshalb schleifte sie eines guten Tages, Norbert zum Onkel-Doktorfisch. Norbert war das am Tag natürlich wieder alles zu hell.
Der Doktorfisch untersuchte Norbert von den Kiemen bis zur Schwanzflosse. Zum Schluss kam der Sehtest. Der versetzte Norbert in helle Aufregung. All diese
glitzernden Tafeln mit Fischschuppen, Insektenflügeln und alten Scherben ließen ihn die Augen zukneifen und wegkucken.
Der Doktorfisch nickte mit ernstem Gesicht, schwamm zu Mama Hannelore und flüsterte Ihr in die Kiemen: "Der Fall ist eindeutig, Frau Hering. Ihr Sohn hat eine
Glitzerallergie. Alles was glitzert, blendet ihn. So wird das für ihn natürlich schwer sich auf Dauer sein Essen zu fangen."
Hannelore machte ein ganz besorgtes Gesicht und fragte Herrn Doktorfisch: "Gibt es denn nichts, was wir für ihn tun können?"
Herr Doktorfisch überlegte... "Mmmhhh....vielleicht hilft da eine Sonnenbrille? Ich schreibe Ihnen ein Rezept aus. Damit schwimmen Sie zum Optiker Oktopus
und der wird Norbert schon das richtige Gestell finden."
Norbert hatte eigentlich die Faxen schon dicke und wollte nur noch nach Hause. Aber Mama Hannelore war unerbittlich und Sie schwammen zum Optiker.
Herr Oktopus war auch sehr nett. Zumal sein Geschäft in einer dunklen Höhle lag. Das kam Norbert natürlich sehr entgegen. So ließ er sich von Herrn Oktopus
die ganze Auswahl an Brillen zeigen und entschied sich für ein ganz scharfes Modell Marke: "Modder-Master". Die Mike- (ausgesprochen: Maikiiii), O’Meal,
Mucci und Milhouette-Modelle waren ihm viel zu bunt und glitzerig.
Auf dem nach-Hause-Weg wunderte sich Hannelore schon über Ihren Norbert.
Norbert schwamm nicht wie sonst ganz unten im Modder heim, sondern er wieselte immer um sie herum, fast so hoch, wie Ihre anderen Kinder.
Zu hause angekommen, spielte er sogar mit den anderen Jungs kriegen.
Mutter Hannelore war wirklich zufrieden und Norbert war mit seiner Brille glücklich und kein Außenseiter mehr. Die Herings-Mädchen fanden ihn mit seiner
"Modder-Master" sogar echt "Cool".
Als die Zeit des großen Fischschwärmens gekommen war und Familie Hering mit den anderen Familien ins Meer zog, war Norbert mitten drin. Lediglich für Glitzersachen
konnte er sich nicht begeistern, während seine Brüder und Schwestern gar nicht mehr zu bremsen waren, wenn irgendwo etwas aufglitzerte. Sofort schossen sie darauf
zu und versuchten es zu fressen.
Als das Wasser nach Mensch roch wurden auf einmal ganz viele Glitzersachen ins Wasser geworfen. Wie wild, stürzten sich seine Brüder Harald und Henry auf die
Glitzer-Dings.
Das hätten Sie lieber nicht tun sollen. Mit dem Mund an den Glitzer-Dings hängend, wurden sie dann nach oben aus dem Wasser gezogen und waren ab da nicht mehr
gesehen.
Außer Norbert bekam das keiner im Schwarm mit, weil alle ganz gierig nach den Glitzer-Dings schnappten. Norbert schwamm zu Hermann und wollte ihn festhalten.
Der brüllte nur: "Lass mich!!!! Da ist ein rieeeesiges Glitzerdings. Das muss ich haben!" ...und dann war Hermann auch weg.
So ging das auch mit Henning und selbst Mama Hannelore ließen sich nicht davon abbringen, Jagd auf diese Glitzer-Dings zu machen, an denen sie dann aus dem
Wasser gezogen wurden.
Norbert musste zuschauen, wie aus seiner Familie keiner mehr bei ihm blieb. Traurig und wütend, schwomm er aus dem Schwarm. Sauer war er. Richtig sauer!
Alle hatten sie ihn allein gelassen und keiner hatte auf ihn gehört.
Und dass es Ihnen an der Luft nicht gut gehen würde, das wusste er zu genau. Schliesslich hatten er und seine Brüder schon häufig gespielt, wer am längsten das
Wasser anhalten kann und sind dann aufgetaucht, um die Kiemen über Wasser zu halten.
Norbert ist dabei nach kurzer Zeit immer ganz duselig geworden.
So tauchte Norbert ganz tief nach unten, schwamm traurig und allein vor sich hin und vom restlichen Schwarm weg.
Plötzlich hörte er ein ganz komisches Geräusch. So etwas wie ein Zirpen und Zwitschern.
Uiuiuiui... Mama Hannelore hatte immer gesagt, man solle sich von diesen Geräuschen fernhalten. Denn das sind die Schweinswale, die sich unterhalten. Und Norbert
wusste, dass er und seine Brüder die Leibspeise von Schweinswalen sind.
Also schwamm er auf der Stelle und bewegte sich nicht mehr. Es zirpte und zwitscherte aber immer weiter.
Durch seine coole Sonnenbrille konnte er in der Tiefe nichts erkennen. Das Zirpen wurde immer lauter und lauter, bewegte sich aber nicht mehr weiter.
Norbert lief ein Schauer über die Schuppen. Was sollte er denn nun tun?
"Was soll’s?!", dachte er bei sich. "Meine ganze Familie ist weg. Da wollen wir doch mal sehen, ob das wirklich Schweinswale sind!"
Mit der Brustflosse, nahm er seine "Modder-Master" ab und... schaute direkt auf das riesige Maul eines Schweinswales, der vor ihm stand.
Norbert schluckte und schloss die Augen. Das sollte es dann wohl gewesen sein, dachte er. "Guten Appetit, Schweinswal!", murmelte er noch.
Aber nichts passierte. Dafür zwitscherte es ohrenbetäubend laut: "Hi, was hast Du denn für eine coole Brille auf?"
Norbert blinzelte aus einem Auge und antwortete: "Modder-Master, und jetzt friss mich endlich... und vor allem: Schrei hier nicht so rum! Ich bin ja schon ganz
taub!"
"’Tschuldigung!", zwitscherte es etwas leiser zurück, "...aber ich will Dich auch gar nicht fressen!"
Norbert, runzelte die Schuppen über den Augen und schaute noch mal genau hin. Vor ihm schwamm eine junge Schweinswaldame.
Norbert war ganz verwirrt: "Aber ich bin doch als Hering Dein Leibgericht...?!" und schüchtern fügte er hinzu: "Moin, überhaupt, ich bin Norbert der Hering!"
"...und ich bin Luzie, die Schweinswaldame und habe eine Herings-Eiweißallergie."
Laut prustete Norbert los und erzählte von seiner Glitzerallergie.
Beide lachten minutenlang und konnten sich nicht wieder beruhigen. Bis Norbert noch mal ernst nachfragte: "...und Du willst mich auch nicht auf den Arm nehmen?"
Luzie schüttelte den Kopf, lächelte Norbert an und fragte ihn: "Du?! Wollen wir Freunde sein?"
Norbert schaute sie an: "Gern!... meine Familie ist ja weg und Du glitzerst auch gar nicht. Das ist mir schon mal sehr symphatisch."
Und so schwammen beide drauflos und erzählten sich, was sie bisher so alles erlebt hatten.
|