22. April - 1. Teil – Fischers Fritze fischt frische Fische... bald nicht mehr


Um sieben ist die Nacht zu Ende und um halb acht, haben wir bereits abgelegt. Ein wunderschöner Morgen erwartet uns und wir tuckern erstmal in den Morgen hinein. So ein Motor mag das nämlich auch lieber behaglich, bevor er wieder schlafen gelegt wird. Sprich: Wir stellen den Motor erst warm gefahren ab.

Wir schunkeln Richtung Peenestrom, um heute nach Kröslin zu kommen. Das gestaltet sich außerhalb des Fahrwassers ein wenig schwierig. Es scheint hier kein Flach zu geben, an dem nicht alle Fischer von Stralsund bis Wolgast ihre Netze aufgestellt haben.

Gesund kann das nicht sein. Schaut Euch das mal an:


Wie sollen sich denn die Fische da noch vermehren? Das ist, als würde man in 9 von 10 Wohnungen eines Mehrfamilienhauses in Ess- und Schlafzimmer Selbstschussanlagen installieren.

Jetzt werden einige sagen: Aber den lecker geräucherten Fisch gestern, auf den willst Du nicht verzichten?

Ehrlich gesagt: Jetzt ja! Denn die Ostsee ist schon ein Aquarium ohne Fische. Seit 1997 bade ich meine Pilker in der Ostsee. In den ersten Jahren hatte man auch noch mal einen Pappa-Dorsch an der Angel. In den letzten Jahren verirrten sich nur noch so kleine Dorschis an die Angel, dass wir die lieber gleich wieder zurück warfen.

Ganz nebenbei bemerkt, durch dieses Gewirr kann kein Mensch segeln. Also außen rum und erstmal in der Flaute eingeparkt.

Da wurde ich dann gaaaaaaaanz müde und träumte so vor mich hin von:

Norbert, der Hering mit der Glitzerallergie


Als Norbert zur Welt kam, wusste Mutter Hannelore schon, dass Norbert anders war, als seine Brüder. Während Hermann, Henning, Henry und Harald als Babyfischchen schon ganz gebannt das Glitzern der Sonnenstrahlen in den Wellen über ihnen betrachteten, verkrümelte Norbert sich ganz nach unten in den Schlick, und murmelte was, von "mach mal einer das Licht aus..."

Als die Heringskinder heranwuchsen, spielten alle am liebsten mit Mamas alten Fischschuppen, die sie um sich verstreute. Alle - außer Norbert.

Norbert war das alles zu glitzerig. Mama Hannelore machte sich langsam sorgen, denn Norbert war so anders als ihre anderen Kinder. Vielleicht war Norbert krank?

Deshalb schleifte sie eines guten Tages, Norbert zum Onkel-Doktorfisch. Norbert war das am Tag natürlich wieder alles zu hell.

Der Doktorfisch untersuchte Norbert von den Kiemen bis zur Schwanzflosse. Zum Schluss kam der Sehtest. Der versetzte Norbert in helle Aufregung. All diese glitzernden Tafeln mit Fischschuppen, Insektenflügeln und alten Scherben ließen ihn die Augen zukneifen und wegkucken.

Der Doktorfisch nickte mit ernstem Gesicht, schwamm zu Mama Hannelore und flüsterte Ihr in die Kiemen: "Der Fall ist eindeutig, Frau Hering. Ihr Sohn hat eine Glitzerallergie. Alles was glitzert, blendet ihn. So wird das für ihn natürlich schwer sich auf Dauer sein Essen zu fangen."

Hannelore machte ein ganz besorgtes Gesicht und fragte Herrn Doktorfisch: "Gibt es denn nichts, was wir für ihn tun können?"

Herr Doktorfisch überlegte... "Mmmhhh....vielleicht hilft da eine Sonnenbrille? Ich schreibe Ihnen ein Rezept aus. Damit schwimmen Sie zum Optiker Oktopus und der wird Norbert schon das richtige Gestell finden."

Norbert hatte eigentlich die Faxen schon dicke und wollte nur noch nach Hause. Aber Mama Hannelore war unerbittlich und Sie schwammen zum Optiker.

Herr Oktopus war auch sehr nett. Zumal sein Geschäft in einer dunklen Höhle lag. Das kam Norbert natürlich sehr entgegen. So ließ er sich von Herrn Oktopus die ganze Auswahl an Brillen zeigen und entschied sich für ein ganz scharfes Modell Marke: "Modder-Master". Die Mike- (ausgesprochen: Maikiiii), O’Meal, Mucci und Milhouette-Modelle waren ihm viel zu bunt und glitzerig.

Auf dem nach-Hause-Weg wunderte sich Hannelore schon über Ihren Norbert.

Norbert schwamm nicht wie sonst ganz unten im Modder heim, sondern er wieselte immer um sie herum, fast so hoch, wie Ihre anderen Kinder.

Zu hause angekommen, spielte er sogar mit den anderen Jungs kriegen.

Mutter Hannelore war wirklich zufrieden und Norbert war mit seiner Brille glücklich und kein Außenseiter mehr. Die Herings-Mädchen fanden ihn mit seiner "Modder-Master" sogar echt "Cool".

Als die Zeit des großen Fischschwärmens gekommen war und Familie Hering mit den anderen Familien ins Meer zog, war Norbert mitten drin. Lediglich für Glitzersachen konnte er sich nicht begeistern, während seine Brüder und Schwestern gar nicht mehr zu bremsen waren, wenn irgendwo etwas aufglitzerte. Sofort schossen sie darauf zu und versuchten es zu fressen.

Als das Wasser nach Mensch roch wurden auf einmal ganz viele Glitzersachen ins Wasser geworfen. Wie wild, stürzten sich seine Brüder Harald und Henry auf die Glitzer-Dings.

Das hätten Sie lieber nicht tun sollen. Mit dem Mund an den Glitzer-Dings hängend, wurden sie dann nach oben aus dem Wasser gezogen und waren ab da nicht mehr gesehen.

Außer Norbert bekam das keiner im Schwarm mit, weil alle ganz gierig nach den Glitzer-Dings schnappten. Norbert schwamm zu Hermann und wollte ihn festhalten.

Der brüllte nur: "Lass mich!!!! Da ist ein rieeeesiges Glitzerdings. Das muss ich haben!" ...und dann war Hermann auch weg.

So ging das auch mit Henning und selbst Mama Hannelore ließen sich nicht davon abbringen, Jagd auf diese Glitzer-Dings zu machen, an denen sie dann aus dem Wasser gezogen wurden.

Norbert musste zuschauen, wie aus seiner Familie keiner mehr bei ihm blieb. Traurig und wütend, schwomm er aus dem Schwarm. Sauer war er. Richtig sauer!

Alle hatten sie ihn allein gelassen und keiner hatte auf ihn gehört.

Und dass es Ihnen an der Luft nicht gut gehen würde, das wusste er zu genau. Schliesslich hatten er und seine Brüder schon häufig gespielt, wer am längsten das Wasser anhalten kann und sind dann aufgetaucht, um die Kiemen über Wasser zu halten.

Norbert ist dabei nach kurzer Zeit immer ganz duselig geworden.

So tauchte Norbert ganz tief nach unten, schwamm traurig und allein vor sich hin und vom restlichen Schwarm weg.

Plötzlich hörte er ein ganz komisches Geräusch. So etwas wie ein Zirpen und Zwitschern.

Uiuiuiui... Mama Hannelore hatte immer gesagt, man solle sich von diesen Geräuschen fernhalten. Denn das sind die Schweinswale, die sich unterhalten. Und Norbert wusste, dass er und seine Brüder die Leibspeise von Schweinswalen sind.

Also schwamm er auf der Stelle und bewegte sich nicht mehr. Es zirpte und zwitscherte aber immer weiter.

Durch seine coole Sonnenbrille konnte er in der Tiefe nichts erkennen. Das Zirpen wurde immer lauter und lauter, bewegte sich aber nicht mehr weiter.

Norbert lief ein Schauer über die Schuppen. Was sollte er denn nun tun?

"Was soll’s?!", dachte er bei sich. "Meine ganze Familie ist weg. Da wollen wir doch mal sehen, ob das wirklich Schweinswale sind!"

Mit der Brustflosse, nahm er seine "Modder-Master" ab und... schaute direkt auf das riesige Maul eines Schweinswales, der vor ihm stand.

Norbert schluckte und schloss die Augen. Das sollte es dann wohl gewesen sein, dachte er. "Guten Appetit, Schweinswal!", murmelte er noch.

Aber nichts passierte. Dafür zwitscherte es ohrenbetäubend laut: "Hi, was hast Du denn für eine coole Brille auf?"

Norbert blinzelte aus einem Auge und antwortete: "Modder-Master, und jetzt friss mich endlich... und vor allem: Schrei hier nicht so rum! Ich bin ja schon ganz taub!"

"’Tschuldigung!", zwitscherte es etwas leiser zurück, "...aber ich will Dich auch gar nicht fressen!"

Norbert, runzelte die Schuppen über den Augen und schaute noch mal genau hin. Vor ihm schwamm eine junge Schweinswaldame.

Norbert war ganz verwirrt: "Aber ich bin doch als Hering Dein Leibgericht...?!" und schüchtern fügte er hinzu: "Moin, überhaupt, ich bin Norbert der Hering!"

"...und ich bin Luzie, die Schweinswaldame und habe eine Herings-Eiweißallergie."

Laut prustete Norbert los und erzählte von seiner Glitzerallergie.

Beide lachten minutenlang und konnten sich nicht wieder beruhigen. Bis Norbert noch mal ernst nachfragte: "...und Du willst mich auch nicht auf den Arm nehmen?"

Luzie schüttelte den Kopf, lächelte Norbert an und fragte ihn: "Du?! Wollen wir Freunde sein?"

Norbert schaute sie an: "Gern!... meine Familie ist ja weg und Du glitzerst auch gar nicht. Das ist mir schon mal sehr symphatisch."

Und so schwammen beide drauflos und erzählten sich, was sie bisher so alles erlebt hatten.

22. April – 2. Teil – Kein Gast in Wolgast


Tja, nachdem ich wieder aufgewacht bin, waren wir auch schon in der Marina Kröslin im Peenestrom. Ich hatte ganz komische Sachen geträumt und wünschte mir eine nette Marina.

Das war dann mal wieder ein Satz mit "X". Die Marina Kröslin liegt schön hinter einem Schilfgürtel. Alle Versorgungseinrichtungen sind vorhanden und man liegt auch ganz gut an den Schwimmern, die von den Hauptstegen ausgehen. Aber irgendetwas fehlt da.

Wir fanden das überhaupt nicht gemütlich. Und deshalb legten wir wieder ab, um nach Wolgast in den Stadthafen weiterzufahren.

Beim Herausfahren fiel uns folgende Beryll ins Auge. Ob die mal zu unserem Verein SVFH gehörte? Denn in unserem Verein sind ganz viele dieser Berylls vertreten und das Holzschild hinten sieht ja auch ein wenig nach SVFH aus. Mal sehen: Hier der Aufruf an alle SVFHler:

Gehörte jemandem aus unserem Verein dieses Schiff?

Antworten ins Gästebuch, bitte!


Nun ging es gen Wolgast. Unser Meilenfresser wurde nur durch die Klappbrücke vor Wolgast aufgehalten. Um 16.40 Uhr sollte Öffnungszeit sein. Und wir warteten... und warteten...

Gegen 17.00 Uhr griff ich zum Mobiltelefon, um den Brückenwärter aus seinem vermeintlichen Dienstschlaf zu wecken, als ein anderer Segler von hinten aufkam und uns zurief, dass wegen einer Störung, die Brücke erst wieder um 20.30 öffnen würde.

Na super! So haben wir uns das gewünscht. So legten wir mit dem Strom (das sollte man nicht tun) an den Steganlagen des Nordhafens in der Horn-Werft an.

Auf die andere Seite des Steges trauten wir uns nicht, weil im Hafenführer dort nur Tiefen zwischen 1 m und 1, 50 m ausgewiesen waren.

Durch Claudias wohldosiertes Manöver, meine Eleganz beim Vorschiffstanz und die helfenden Hände unserer Nachbarn machten wir sicher gegen 17.00 Uhr fest.

Und nach einem kleinen Erkundungsspaziergang habe ich furchtbaren Kohldampf.

Bis Morgen!